Ilse

Ich, Andreas B.-L., besser bekannt unter der Bezeichnung “der Baron”, war immer für irgendwelchen Spitzbübereien zu haben. Was man dazu braucht: eine Idee und ein Opfer mit Humor. Mein Opfer war unsere liebe Ilse und sie sollte einen Schalensitz bekommen. Also nehme man zwei schöne große Nüsse, halbiere diese sorgfältig und verzehre den Inhalt genüßlich. Die so gewonnenen vier Halbschalen klebte ich sodann mit der geschlossenen Seite nach unten auf die Sesselbeine – und fertig war der Schalensitz. Die Pause ist aus und Ilse betritt freudenstrahlend wie immer und nichts Böses ahnend die Klasse. Alle setzen sich hin, wobei eine eigenartige Stille in der Klasse herrschte. Dann hat sich unsere liebe Ilse auch hingesetzt und die Nußschalen sind unter fürchterlichem Krachen zerbrochen. Ich habe noch nie jemanden so schnell aus dem Sessel hochfahren gesehen wie Ilse. Nachdem sie den Sessel einer kurzen Begutachtung unterzogen hatte, mußte sie herzlich lachen und stellte mit dem Blick zu mir die kurze Frage: “Wer war das?”. Kleinlaut stand ich auf und sagte ebenso knapp: “Ich”. Darauf Ilse: “Das habe ich mir gleich gedacht.” Und alle haben wir gelacht, Strafe habe ich erwartungsgemäß keine bekommen, dafür aber etwas viel, viel Wichtigeres – ein wenig Aufmerksamkeit und viel Menschlichkeit. Dafür möchte ich Ilse immer dankbar sein.

Ich hoffe , dass wir uns vielleicht einmal so zu einem gemütlichen Beisammensein treffen können und verbleibe mit ganz lieben Grüßen

Andreas Boineburg-Lengsfeld

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physik war neben mathe nicht unbedingt mein bestes fach. durchgekommen bin ich aber – glaub ich – nur durch das manchmal schlecht funktionierende gehör von ilse, die in – für mich richtigen – momenten einfach noch mal gefragt hat, was ich denn gesagt hab. durch ihr verständnis, dass meine schrift dazwischen kaum leserlich war und so ein 4 auch eine 7 sein hätte können – was dann richtig war – und durch ihre fantastischen geschichten die mich immer wieder vor dem hausübungen abschreiben und dem einschlafen in ihren stunden abgehalten haben. ich denke letzteres war bei mir dennoch immer ein meisterstück.

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wer ilse kannte, kannte auch ihr mäßig gutes gehör und ihre unglaubliche fähigkeit, jenes locker flockig zu überspielen.

allerdings, so erzählt die mär, war so ein hörgerät aber auch was sehr praktisches: langwierige/nervende/langweilige ereignisse (z.b. schulkonferenzen…) konnte sie einfach abschalten.

und beim einschlafen half es auch ungemein, wenn sie sich einfach auf ihr gutes ohr legte und so umgebungsgeräusche (z.b. schnarchen…) nicht mehr stören konnten…

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Schon lange her, gab es eine Direktorin, bei der maman den Stundenplan für die Lehrer zusammenstellen mußte. Eine mitunter schwierige Aufgabe, die nicht immer zu hundertprozentiger Zufriedenheit der Chefin erledigt werden konnte. Einmal war sie besonders empört und forderte meine Mutter auf den Plan gemäß diesen und jenen Wünschen zu ändern. Daraufhin erklärte Ilse ihr in Ruhe und detailliert, aus welchen Gründen das nicht machbar sei. Daraufhin die Direktorin bestimmt:”Ich will aber!” Meine Mutter amüsiert:”Das sagt meine zweijährige Tochter auch immer.”

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Etwas, was nur wenigen bekannt sein dürfte, die nicht zum engsten Kreis  gehören, ist, daß Ilse Trägerin des Maria Theresien-Ordens war. Verliehen wurde er von einer Maturaklasse für  „aus eigener Initiative unternommene, erfolgreiche und  wesentliche Taten, die ohne Tadel auch unterlassen hätten werden können“ (ich überlasse die Details der regen Phantasie – in der Schule waren wir ja alle).

Mir hat die Idee eines Ordens, der auch Erfolg durch bewußtes Missachten und Umgehen einer Regel belohnt, immer gut gefallen. Ich finde, daß er auch Ilses Herangehensweise sehr gut beschreibt – denn viele Probleme wurden von vorne, hinten, oben oder allen Seiten solange mit viel Energie angegangen, bis sie nur mehr kapitulieren konnten…

Ilse und einige jüngere Kolleginnen bekommen unfreiwilligerweise vom älteren und etwas ålassigen Direktor das Du-Wort angeboten. Kollegin 1 vermeidet daraufhin generell Anredeformen jeder Art; Ilse hingegen verwendet von da an vergnügt die Formel: “Du, Herr Hofrat…”

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